Grundstücksverkäufe

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# Salvator Hineingeschaut

Grundstücksverkäufe

Bei der Führung zur Kirchenfenstersanierung am Gemeindefest im Juni kamen wir auch auf die Finanzierung des Kirchbaus zu sprechen. Gemeindemitglieder erzählten mir, dass der Bauleiter bei der Kirchenerweiterung 1956 auf einem von der Stiftung St. Elisabeth-Haus gekauften Grundstück gewohnt hätte. Da ich selbst auf einem solchen Grundstück wohne, bin ich – mangels eigener Unterlagen, die fast vollständig durch Kriegseinwirkungen verloren gegangen sind – in unserem Archiv diesen Verkäufen nachgegangen.

Wie lief das damals eigentlich ab und wozu diente der Verkauf?

Msgr. Grabe hatte mit seiner am 21. März 1916 gegründeten Stiftung das Ziel, außerhalb der Innenstadt ein großes Waisenhaus und Säuglingsheim mit Kinderkrankenhaus zu bauen. Dieses sollte das Heim in der Kolonnenstraße ergänzen bzw. ersetzen. Zu diesem Zweck erwarb er Grundstücke in Lichtenrade: am Bahnhof, wo heute die Salvatorkirche steht, mit dem Gelände des ehemaligen Christophorus-Kinderkrankenhauses im Oktober 1920 und am 16. Januar 1922 ein 183 700 m2 großes Areal zwischen Bernauer Str. und Zeißpfad bzw. Reichnerweg und Griembergweg. Ursprünglich war vorgesehen, hier einen großen landwirtschaftlichen Betrieb anzusiedeln. Er sollte von einem Orden bewirtschaftet werden und dem künftigen Krankenhaus wirtschaftliche Sicherheit garantieren.

Im Zusammenhang mit den finanziellen Krisen Ende der Zwanziger Jahre bis zum Bankencrash 1931/32 zerschlug sich dieser Plan. Ob auch möglicherweise Schwierigkeiten, einen geeigneten Orden für die Aufgabe zu finden, vorlagen, konnte schon 1936 Kuratus Lütkehaus nicht mehr feststellen. Jedenfalls entschloss sich die Stiftung, das Gelände zu verpachten und zu verkaufen, um daraus den Bau des Kinderkrankenhauses finanzieren und eingegangene Kredite bedienen zu können. Im März 1932 schloss Msgr. Grabe mit dem Verwaltungsbezirk Tempelhof einen Vertrag über die Festsetzung der Fluchtlinien des Gebietes, damit der als Entwurf vorliegende, von dem Baurat Josef Bischof aufgestellte, Bebauungsplan umgesetzt werden könnte. Er sicherte der Stadt unentgeltlich Flächen für Straßenland und etwa 25 000 m2 Grundstücksfläche zu.

Tatsächlich muss die Genehmigung umgehend erteilt worden sein, denn bereits im Mai/Juni 1932 begann der Verkauf der ersten Grundstücke. Einen endgültigen Bebauungsplan fertigte Josef Bischof am 12. 9. 1932 an. Er enthielt dann auch schon die Straßen: Zeißpfad (als Straße 2), Dielingsgrund (als Straße 6), Reichnerweg (als Straße 3), Freiertweg (noch als Soldiner Str.), Griembergweg (hieß noch Frankfurter Straße), Schwebelstraße (noch Landsberger Str.) und eine größere nicht-parzellierte Fläche am Dielingsgrund (u. a. heute Grundschule) sowie zwei sehr große Grundstücke an der Schwebelstraße: das Gelände, auf dem die Kirche Zu den Heiligen Martyrern von Afrika gebaut wurde,  

Die Verträge, abgeschlossen beim Notar der Stiftung, Hermann Engelhardt in Charlottenburg, sahen vor, dass die erworbenen Parzellen binnen zweier Jahre bebaut werden mussten, denn dadurch reduzierte sich die Wertzuwachssteuer für die Stiftung auf 2%. Der Käufer profitierte davon auch, ihm wurde von der letzten Rate des Kaufpreises ein Abzug gewährt. Verpflichten musste er sich zur Bezahlung des Zaunes. Alle Rechte und Pflichten, einschließlich der öffentlichen Abgaben wie der Anliegerbeiträge für den Straßenbau, gingen auf den Käufer über. Der in Tempelhof vereidigte Landvermesser Hans Jarosch vermaß die Parzellen noch einmal endgültig. Dabei konnte sich anfangs gelegentlich auch herausstellen, dass das Trennstück größer war als im Kaufvertrag genannt. Bei Einigkeit hinderte das aber nicht den Vertragsabschluss, sondern wurde bei der Auflassung geregelt. Bei späteren Verträgen lag die korrekte Vermessung dann meist schon vor. Anfangsschwierigkeiten gab es mitunter auch bei der Zahlung des Zaungeldes: So landete die Einzahlung meines Großvaters versehentlich nicht auf dem Stiftungskonto, sondern direkt beim Architekten Josef Bischof, dem sie sogar nachgesandt wurde: damals vielleicht ärgerlich, heute aber interessant für die Baugeschichte von Salvator, erhält man so durch einen Zufall doch Hinweise auf die konkrete Arbeit Bischofs und erfährt, dass er sich Anfang November 1932 in Bad Kissingen aufhielt, aber am 16. November auf der Lichtenrader Baustelle nach dem Rechten sehen wollte. Anders als von Bernhard Hertel, dem ersten Architekten, liegen von Josef Bischof im Salvator-Archiv keine Briefe, sondern nur Baupläne vor.

Die neuen Siedler organisierten sich in einem Verein, der sich um die Straßengebühren kümmerte. Unter dem Namen „Siedlung St. Elisabeth Berlin-Lichtenrade e. V.“, kurz St. Elisabeth-Verein, schloss dieser für die Pflasterkasse St. Elisabeth mit den Grundstückseigentümern die entsprechenden Verträge ab. Vorübergehend trug er den Namen „Verein der Eigentumsbesitzer Berlin-Lichtenrade e. V. (vormals Siedlung St. Elisabeth)" und schloss sich nach dem Zweiten Weltkrieg 1947 mit den anderen (7!) Lichtenrader Vereinen zum Haus- und Grundbesitzerverein zusammen.

Wie schnell der Verkauf der Parzellen erfolgte und ob er zwischenzeitlich stockte, lässt sich schwer sagen – man müsste es aus den Verkaufsunterlagen rekonstruieren. Auch ist mir nicht bekannt, wie Prälat Grabe die Parzellierung am Anfang publik machte. 1934 warb er wiederholt im Katholischen Kirchenblatt dafür. 1935 ging man es professionell an: Der Architekt Heinrich Kosina entwarf eine Zeichnung, die mit kurzem Text für verschiedene Zeitungen die Grundlage für eine Anzeige bildete. Trotz aller Bemühungen reichten die eingenommenen Gelder Ende 1936 gerade dazu hin, die Zinsen der aufgenommenen Kredite zu tilgen.

Das letzte Grundstück an einen Privatmann wurde übrigens Mitte der 50er Jahre verkauft – an eben jenen Bauleiter des Erweiterungsbaues der Kirche.

Bis zum nächsten „Hineingeschaut“,

Ihre/Eure Regina Mahlke, Chronistin

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