10/07/2024 0 Kommentare
Fastnacht
Fastnacht
# Salvator Hineingeschaut

Fastnacht
Fastnacht in der Kirche – geht denn das???
Fastnacht als der österlichen Bußzeit vorangehendes Kalenderfest setzte sich um 1091 (Synode von Benevent) durch, als durch Papst Urban II (Papst 1088 – 1099) der Beginn der Fastenzeit auf den Aschermittwoch festgelegt und die Bußzeit geregelt wurde. Zwischen etwa Mitte des 15. Jahrhunderts und Ende des 16. wurden in katholischen Gegenden dann die 3 Tage vor Aschermittwoch zur eigentlichen Fastnacht. Der Zeitraum, der uns heute als mit dem 11. November beginnend bekannt ist, wurde erst im 19. Jahrhundert eingeführt. Eine der ältesten Quellen über das Feiern von Fastnacht soll aus dem 13. Jahrhundert stammen und in einem Codex aus Cambrai zu finden sein. Dort wird über ein Spiel berichtet, bei dem in Anwesenheit des Papstes in Rom Tiere (Bären, Ochsen, Hähne) getötet wurden, weil man sie als Sinnbilder für „fleischliche Lust“ ansah. So blutig ging es dann später nicht mehr zu, doch das Verkleiden und Maskieren, bei dem die Teilnehmenden symbolisch in eine andere Person oder ein Tier schlüpfen, setzte sich durch. Die Feiern wurden oft von Zünften oder Bürgern in Städten organisiert und fanden mit Umzügen und Spielen statt, hatten jedoch auch schon im Mittelalter Unterstützung von der Kirche. So ist bekannt, dass Papst Paul II (Papst 1464 – 1471, er legte das Heilige Jahr auf alle 25 Jahre fest – in zwei Jahren ist das nächste unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“) schon 1466 die Spiele in Rom förderte. Das mag zum Teil wohl auch an der Prunkliebe dieses Papstes gelegen haben, der gern und ausgiebig feierte.
Reformation und Gegenreformation unterbrachen regionale Bräuche, verboten sie sogar teilweise. Erst im Barock kam dann, regional unterschiedlich, die Lust am Feiern wieder auf. Mehr und mehr entwickelte sich Fastnacht zu einem Gegenpol zur Fastenzeit. Tiermasken als Allegorie für Laster; der Narr (ursprünglich der Unverständige, der Gott nicht Erkennende, vgl. Ps 14 oder 53), der besonders seit dem 15. Jahrhundert eine verkehrte Welt vorstellt, aber mit seiner vermeintlichen Torheit auch manche Kritik ohne Angst vor möglichen Folgen äußern kann und gleichzeitig den Spiegel vorhält; Karneval - gedeutet als Ade von üppigem Fleischgenuss und übermäßigem Trinken: das alles bot die Möglichkeit, den Unterschied zur Bußzeit besonders deutlich hervortreten zu lassen.
Da nun Fastnachtsdienstag und der Termin dieses „Hineingeschaut“ zusammenfallen, habe ich mich in unserem Archiv auf die Suche gemacht, wie und ob in der Salvatorgemeinde eigentlich die letzten Tage vor der Fastenzeit gefeiert wurden.
Die Salvatorgemeinde war seit die Kirche am 5. Februar 1933, vor 90 Jahren, geweiht wurde, immer eine Gemeinde, die gern und ausgiebig feierte und das sowohl mit festlichen Gottesdiensten als auch in geselliger Runde, anfangs, da der Gemeindesaal noch zu klein war, in Restaurants (vor dem 2. Weltkrieg in der Waldgaststätte Rohrmann, danach im Haus Buhr), später dann in Pfarrsaal und Gemeindezentrum. Es gab regelmäßige Feste im Winter unmittelbar nach Weihnachten, zur Kirchweih im Februar und früh auch schon Gemeindefeste im Sommer nach der Prozession am Sonntag nach Fronleichnam. Zu früheren Jubiläen, etwa dem 50jährigen 1983 oder dem 75jährigen 2008 und 2011 (75 Jahre selbständige Gemeinde) wurde sogar eine ganze Festwoche lang mit Gottesdiensten, Andachten, Konzerten und Gemeindefest gefeiert oder man verteilte die Veranstaltungen über das Jahr. Auch Nikolausfeiern für die Kinder und die Umzüge an St. Martin wurden, so immer es ging, ausgerichtet.
So nimmt es nicht wunder, dass auch Fastnacht schon seit langem gefeiert wurde. Fotos gibt es wenige, aber aus dem Jahr 1961 konnte ich eines finden. Zu dieser Zeit feierten der Kirchenchor und der Laienhelferkreis gemeinsam und der damalige Pfarrer, Msgr. Lütkehaus, wie man sehen kann, „mittenmang“ und natürlich „verkleidet“. Es soll, wird berichtet, bei den Festen eine seiner Lieblingsbeschäftigungen gewesen sein, Würstchen zu kochen oder Kartoffelpuffer zu braten. Der Kinderfasching hat ebenfalls eine lange Tradition und wurde schon früher in der Regel von den älteren Jugendlichen, besonders den Ministranten, für die Kinder ausgerichtet, so, wie es auch am vergangenen Sonntag wieder geschehen ist. Der Saal wurde dafür festlich hergerichtet, die jungen Gäste und die Gastgeber kamen selbstverständlich in einfallsreichen Kostümen, die man schon vorher in der Familienmesse bewundern konnte. Viele Jahre hindurch wurde auch die Kirche selbst mit Girlanden, Luftballons und Masken geschmückt und die Gottesdienstbesucher kamen, so sie mochten, kostümiert. Pfarrer Lau hielt im Sonntagsgottesdienst seine Predigt als „Büttenpredigt“: Mit roter Pappnase und in dem schweren alten Ornat aus den Anfängen der Pfarrei, das heute sonst nicht mehr verwendet wird, und Birett, stieg er auf die Kanzel und predigte über das Sonntagsevangelium in Reim-Form. Faschingslieder wurden gesungen: liturgische Texte auf bekannte Melodien (z. B. Kolumbuslied als Melodie für das Gloria). Unterbrochen wurde diese Tradition durch äußere Umstände, mit denen niemand rechnen konnte: 2020 war unmittelbar vor dem Faschingsfest das Attentat in Hanau und in den beiden folgenden Jahren machte die Corona-Pandemie das Feiern unmöglich.
Um auf die anfängliche Frage zurückzukommen: Selbstverständlich geht Fasching feiern auch in der Kirche, Salvator liefert den Beweis. Und schließlich ist Feiern und Freude doch auch mit Dank und Lob verbunden und welcher Ort wäre dazu geeigneter als eine Kirche?
Bis zum nächsten „Hineingeschaut“,
Ihre/Eure Regina Mahlke, Chronistin
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