Die Monstranzen

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# Salvator Hineingeschaut

Die Monstranzen

„Werden wir unsere Fronleichnamsprozession am nächsten Sonntag…halten. … das Hochamt …mit mehrstimmigem Gesang. Gleich im Anschluß daran beginnt die Prozession….Nachmittags ist unser Gemeindefest.“

Nein, das ist nicht aus den Vermeldungen vom diesjährigen Dreifaltigkeits-Sonntag, sondern stammt vom 11. Juni 1933. Es war vor 89 Jahren die Ankündigung der Fronleichnamsprozession in Salvator. Gemeinsam mit der St. Elisabeth-Gemeinde, Schöneberg, zu der Salvator damals gehörte, machte man sich nach dem Gottesdienst in folgender Ordnung zur Prozession durch den Garten des Kinderkrankenhauses auf:

„Zuerst das Kreuz und 2 Meßdiener mit Kerzen. Im Anschluß dann die Schulkinder. Nach den Schulkindern die Jungfrauen und Frauen. Sodann die Schwestern des Krankenhauses und des Elisabethhauses [in Schöneberg]. Danach die Jungschar, sodann die Meßdiener, dann das heiligste Sakrament. Im Anschluß an das hhl. Sakr. der Kirchenchor, sodann der Kirchenvorstand, anschließend daran die Jungmänner und Männer. Weil die Kirche zu klein ist, wird der Schlußsegen vor der Kirchentüre gegeben.“ (Vermeldungsbuch 18.6.1933)

Diese Ankündigung finden wir auch in den Folgejahren, allerdings ist ab 1935 die Gemeinde allein unterwegs. 1937 wird der Segen in der Kirche erteilt.

Wahrscheinlich war es die erste Fronleichnamsprozession in Lichtenrade. Genau wird sich das nicht mehr feststellen lassen, denn entsprechende Aufzeichnungen aus der Zeit bis zur Reformation scheint es nicht zu geben.

Das Fest geht auf eine Bulle Papst Urbans IV. von 1264 zurück. Der aus Frankreich stammende Papst, der eine Zeitlang Archidiakon in Lüttich war, kannte das dort schon 1246 eingeführte Fest und machte es für die gesamte Kirche verbindlich. Die Prozessionen zum Fest fanden nicht überall gleich nach der Einführung statt, es dauerte bis ins 14., teilweise 15. Jahrhundert, ehe sie sich durchzusetzen vermochten.

Auch eine mitgeführte Monstranz gab es im 13. Jahrhundert noch nicht. Sie kam erst im 15. und beginnenden 16. Jahrhundert auf. Besonders häufig und immer aufwendiger und größer gestaltet wurde sie dann in der Barockzeit. Vorschriften, aus welchem Material sie zu fertigen sei oder welche Form am geeignetsten wäre, gab es nicht. Allerdings forderte der Hl. Karl Borromäus in seiner einflussreichen „Instruktion“ zu Kirchbau und Ausstattungswesen 1577, dass eine Monstranz aus Gold oder Silber, mindestens aus vergoldetem Kupfer bestehen sollte.

Ab Mitte des 17. Jahrhunderts bildete sich dann die „Sonnenmonstranz“ als häufigste Form heraus. Hierbei wird das Schaugefäß, eine Scheibenmonstranz, mit einem Strahlenkranz umgeben und reich verziert.

In Salvator gibt es zwei Monstranzen. Zur Anbetung wird die ältere aufgestellt. Sie diente aber auch lange als Prozessionsmonstranz, wie man auf erhaltenen Fotos sehen kann.

Der ovale, gewölbte Fuß ist reichlich mit Blütenornamenten versehen, der Schaft hat einen Vasennodus (Knauf). Das Schaugefäß, das die Lunula – eine halbmondförmige Vorrichtung zum Befestigen der Hostie – enthält, ist herzförmig mit einem geflammten Rand und Glassteinen verziert. (Sonnen-)Strahlen gehen vom Rand aus. Oben mündet der Kranz in eine Darstellung Gottvaters mit Segensgeste, darüber ein Kreuz und die Heiliggeisttaube. Die Monstranz ist relativ klein (48,5 cm), was sich daraus erklärt, dass sie bei der Anbetung im Tabernakelaufsatz bzw. im Tabernakel stehen können musste. Das vergoldete und versilberte Gefäß war bereits bei der Errichtung der Kirche 1933 vorhanden und wohl direkt für unsere neobarocke Kirche angeschafft worden. Da Unterlagen in unserem Archiv fehlen und auch der Monstranz selbst nichts zu entnehmen ist (vergoldete oder versilberte Gefäße mussten im Gegensatz zu rein goldenen oder silbernen nicht mit Marken oder Stempel versehen werden), noch dazu das Inventarbuch nur den Anschaffungswert (392, 20 RM) verzeichnet, ist nicht mit Sicherheit zu sagen, ob sie aus der Barock/Rokoko-Zeit stammt oder extra angefertigt wurde.

Ganz anders dagegen ist die zweite Monstranz, die jetzt bei den Prozessionen verwendet wird. Sie ist ebenfalls in Form einer Sonnenmonstranz gearbeitet, wirkt allerdings gegenüber der älteren fast schmucklos. Der Fuß des Messinggefäßes ist flach und rund, der Schaft in Form einer Säule, das runde Schaugefäß von einem gleichmäßigen Kranz aus kürzeren und längeren Strahlen und türkisfarbenen Schmucksteinen umgeben. Mit ihren 61 cm ist sie erheblich höher als die ältere Monstranz. Laut Inventarbuch wurde sie am 14. 8. 1958 gekauft und mit einer Kollekte vom 31. 8. 1958 finanziert. 316, 20 DM sind als Kaufpreis verzeichnet. Erworben wurde sie von der Münchener Firma Ludwig. Carl Ludwig (1879 – 1964) hatte zunächst 1905 eine Buchhandlung in Neiße gegründet. Nach Erweiterung auf Kirchenbedarf florierte sie dort bis zur Zerstörung durch Bomben 1945. Die Familie flüchtete nach München, wo 1952 das Geschäft wieder eröffnet wurde.

Seit Gründung des Bistums Berlin ist es üblich, dass jede Kirche vor Ort eine eigene Prozession an dem auf Fronleichnam folgenden Sonntag feiert oder feiern kann. Über die Prozessionen in Salvator nach 1937 ist wenig bekannt. Sie müssen weiter stattgefunden haben, denn die KV-Protokolle berichten für 1944, die Prozession sei wegen „evtl. Fliegerstörung auf nach 8-Uhr-Messe vorverlegt“. Nach dem Krieg wurden sie bald wieder aufgenommen. Auch die Tradition, sie mit einem Gemeindefest zu beschließen, lebt bis heute fort, wie wir am Sonntag feststellen konnten.

Bis zum nächsten „Hineingeschaut“,

Ihre/Eure Regina Mahlke, Chronistin

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